Wunderbare Klangfarben
von Jürg Kesselring Sarganserländer (CH)

Es war ein ganzer, lebendiger Kompass oder Weltatlas, der abgespielt wurde.

Das Duo Aliada hat im Alten Bad Pfäfers ein besonderes Erlebnis für die Sinne geboten. Das Konzert der Wiener Musiker Bogdan Laketic und Michal Knot war ein musikalischer Hochgenuss.

Die beiden Künstler aus Wien, Bogdan Laketic am Akkordeon und Michal Knot am Sopran-Saxofon, entlocken im ausgewogen musikalischen, rhythmisch und agogisch perfekt aufeinander abgestimmten Zusammenspiel ihren beiden Instrumenten, ganz wunderbare, ungewöhnliche Klangfarben – ein fast «synaesthetisches » Erlebnis. Es sind Verbindungen, Allianzen (spanisch: Aliada), von Farben und Facetten von Klängen. Durch die virtuosen und besinnlichen Stücke werden verschiedene Sinne bei den Zuhörenden angeregt und im Kopf zu einem neuen Gesamtbild beziehungsweise -klang vereint, was sich spürbar auch körperlich auswirkt.

«Vielsaitiges» Akkordeon
In der Einleitung wurde der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass dieser Musikgenuss sich auch als zuversichtliche Stimmung im Alltag auswirken werde und in der Tat wurden alle Anwesenden bei diesem Konzert aufs Wertvollste beschenkt. Der Belgier Adolphe Sax hatte lange versucht, ein neuartiges Instrument zu konstruieren, welches klanglich zwischen dem wärmend-biegsamen Ton der Klarinette und dem eher durchdringenden, näselnden Klang der Oboe liegen sollte. Im klassischen Sinfonieorchester wird das Saxofon weniger verwendet als etwa im New-Orleans-Jazz oder im Umfeld von Pop, Rock und Tanzmusik. Das Akkordeon ist besonders im Alpenraum besonders beliebt in der Volksmusik, so vielseitig, als ob es vielsaitig wäre. Das Programm wurde als «Ost und West» vorgestellt (es gibt auch eine CD der beiden Künstler mit diesem Titel), aber es war ein ganzer, lebendiger Kompass oder Weltatlas, der abgespielt wurde. Beginnend mit mehreren Walzern von Johannes Brahms (1833– 1897) in passenden, eigenen Arrangements für die beiden in der Musikgeschichte eher jungen akustischen Instrumente, die auch aus der Melancholie und perfekt synchronisierten rassigen Rhythmen eine Zuversicht vermitteln konnten. Dann ging es schon in den Norden zu Edvard Grieg (1843–1907) und seinen lyrischen Stücken, von denen auch gesagt wird, sie seien «ein Bekenntnis, eine Art von Tagebuch, das Grieg zeit seines Lebens führte, denn sie spiegeln intimste Momente aus dem Leben des Komponisten». Dies liess sich hier so feinfühlig vernehmen.

Eigene Version eines Volksliedes
Dann folgte eine eigene Version des ältesten dänischen Volksliedes und ein ungemein virtuoser Tanz, der auch mit dem Dänischen Streichquartett bekannt ist, hier aber in einer so sympathischen Klangmischung geboten wurde. Von Aaron Copland (1900–1990), der als bedeutendster amerikanische Komponist vorgestellt wurde, erklangen «Drei Stimmungen: Verbittert, Wehmütig und Jazzig» mit farbigen Gefühlsakzenten und von George Gershwin (1898–1937) drei Präludien, die in Fassungen für Klarinette und Klavier bekannter sind. Diese beiden Komponisten wirkten zwischen klassischen Ambitionen und moderner Unterhaltungsmusik.

Vier Kinderlieder vom Gründervater des Jazzrock
Dann wurde es «richtig jazzig» mit vier Kinderliedern von einem der bedeutendsten Jazz-Pianisten und -Komponisten, einem «Gründervater des Jazzrock » Chick Corea (1941–2021). Es wurde dabei über «Einfachheit» sinniert, aber die Schwierigkeit der brillant gemeisterten Komposition zeigte nichts davon. Zum Abschluss des Konzertes, vor einer atemberaubenden Zugabe, wurde von Arturo Márquez (geb. 1950) sein kubanisches «Danzón Nr. 2» dargeboten in einem eigenen Arrangement, das die bekannte Fassung für Orchester gekonnt mit derjenigen für Klavier klanglich zu verbinden wusste. Das Konzert am Sonntagnachmittag im Alten Bad Pfäfers war wieder ein musikalischer Hochgenuss. Die Ausstellung «Mescal e Margriata» von Yvonne Gienal und Luis Coray kann dort noch bis Ende Saison besucht werden.